Großbritannien vor dem Wandel

Juli 4, 2024
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Herausforderungen nach 14 Jahren Tory-Herrschaft

Großbritannien steht am Scheideweg. Nach 14 Jahren konservativer Regierung deutet alles auf einen Machtwechsel hin. Labour-Chef Keir Starmer könnte bald in die Downing Street einziehen und damit vor einigen der größten Herausforderungen stehen, die eine neue Regierung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu bewältigen hatte. Dieser Artikel beleuchtet die schwierige Ausgangslage und die wichtigsten Aufgaben, die auf die mögliche neue Regierung zukommen.

Die wirtschaftliche Situation

Großbritanniens Wirtschaft hat sich in den meisten Jahren nach der Finanzkrise 2008/2009 nur schleppend entwickelt. Trotz eines etwas stärkeren Wachstums als in Deutschland, Frankreich oder Italien seit 2010, ist der Vorsprung gering. Besorgniserregend ist die Prognose, dass der Lebensstandard in der kommenden Legislaturperiode zum ersten Mal seit den 1950er-Jahren sinken könnte. Premierminister Rishi Sunak betonte zwar, dass sich die Wirtschaft nach der Corona-Krise und dem Anstieg der Energiepreise erhole, doch die Inflation hat die Bevölkerung stark belastet. Commerzbank-Analyst Christoph Balz sagte: „Auch wenn die Arbeitslosigkeit niedrig ist, hat die hohe Inflation die Wähler schwer belastet.“

Einwanderungspolitik

Die konservativen Regierungen der letzten Jahre haben ihre Ziele, die Nettoeinwanderung zu senken, verfehlt. Trotz des Brexits und der Abschaffung der Freizügigkeit für EU-Arbeitnehmer ist die Zahl der Migranten aus anderen Ländern, vor allem Indien und Nigeria, stark gestiegen. Die Nettoeinwanderung sank von einem Rekordwert von 764.000 im Jahr 2022 auf 685.000 im vergangenen Jahr, bleibt jedoch fast viermal so hoch wie 2019. Dies zeigt, dass die Einwanderung weiterhin ein zentrales Thema für die britische Politik bleibt.

Gesundheitswesen in der Krise

Das Gesundheitswesen steht unter immensem Druck. Ende 2023 warteten in England fast acht Millionen Menschen auf nicht dringende Behandlungen – fast doppelt so viele wie vor vier Jahren. Die National Health Service (NHS) liegt weit hinter ihrem Ziel zurück, innerhalb von 18 Wochen mit der Behandlung fast aller nicht dringenden Patienten zu beginnen. Auch Notfallpatienten können oft nicht sofort behandelt werden. Seit 2010 wachsen die inflationsbereinigten Gesundheitsausgaben langsamer als der Durchschnitt seit den 1950er-Jahren, obwohl die Bevölkerung wächst und altert.

Wohnungsbau stagniert

Der Wohnungsbau in Großbritannien bleibt ebenfalls hinter den Erwartungen zurück. In den zwölf Monaten bis Ende März 2023 wurden in England etwas mehr als 234.000 Wohnungen gebaut – weit unter dem Ziel von 300.000 für Mitte der 2020er-Jahre. Der britische Wohnungsmarkt bietet laut der Denkfabrik Resolution Foundation das schlechteste Preis-Leistungs-Verhältnis aller vergleichbaren Volkswirtschaften.

Produktivität und Investitionen

Eine der größten Herausforderungen für die nächste Regierung wird es sein, das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen. Dazu muss die schwache Produktivität verbessert werden. London und Südostengland sind die einzigen Regionen, in denen der Ausstoß pro Stunde über dem nationalen Durchschnitt liegt. Mehr Investitionen des Privatsektors sind ebenfalls nötig, doch die Unternehmen zeigen sich seit dem Brexit-Referendum 2016 zurückhaltend. Die jahrelange politische Instabilität hat das Investitionsklima erheblich beeinträchtigt.

Die möglichen politischen Veränderungen in Großbritannien kommen zu einem kritischen Zeitpunkt. Keir Starmer und die Labour-Partei stehen vor der gewaltigen Aufgabe, die Herausforderungen in Wirtschaft, Gesundheit, Wohnungsbau und Einwanderung anzugehen. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob Großbritannien diese Herausforderungen meistern und den Kurs in eine stabilere und prosperierende Zukunft lenken kann. Die Erwartungen an die neue Regierung sind hoch, und die Bevölkerung hofft auf Lösungen, die das Land aus der derzeitigen Krise führen können.

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