Die Diskussion um die Fortführung der Grenzkontrollen an den deutschen Staatsgrenzen bleibt ein umstrittenes Thema. Die Parteichefs der Union, Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU), fordern vehement die Fortsetzung dieser Maßnahmen, insbesondere nach den Erfahrungen während der Fußball-Europameisterschaft (EM).
Forderung nach dauerhaften Grenzkontrollen
Friedrich Merz und Markus Söder lobten den reibungslosen und sicheren Ablauf der EM, was sie auch den verschärften Grenzkontrollen zuschreiben. In einem gemeinsamen Gastbeitrag für die „Bild“ betonen sie: „Wir fordern die Bundesregierung auf: Die Kontrollen an allen deutschen Staatsgrenzen müssen fortgesetzt werden.“ Beide sind überzeugt, dass ohne diese Maßnahmen die Sicherheitslage im Land sich „massiv verschlechtern“ würde.
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Auch im ZDF-Sommerinterview betonte Söder die Notwendigkeit der Grenzkontrollen und kritisierte Bundeskanzler Olaf Scholz für dessen angeblichen Wortbruch in Sachen Sicherheit.
Illegale Einreisen und Zahlen der Bundespolizei
Die Gewerkschaft der Bundespolizei lieferte am Dienstag aktuelle Zahlen, die die Forderungen von Merz und Söder untermauern sollen. Während der rund fünf Wochen dauernden EM wurden:
- 7.700 Menschen an der unerlaubten Einreise gehindert.
- 70 Prozent dieser Personen wurden gar nicht erst ins Land gelassen, oft aufgrund abgelehnter Asylanträge.
- Ein Drittel dieser Menschen kam über die West- und Nordgrenzen (Frankreich, Niederlande, Beneluxstaaten und Dänemark).
- Zwei Drittel kamen über die Ost- und Südgrenzen (Polen, Tschechien, Österreich und Schweiz).
- 230 Schleuser wurden festgenommen.
- 110 politisch motivierte Kriminelle gefasst.
Das Bundesinnenministerium ergänzte diese Woche weitere Zahlen zur Süd- und Ostgrenze, wo seit Mitte Oktober 2023 wieder Grenzkontrollen zur Eindämmung illegaler Migration und Schleuserkriminalität möglich sind. Seit Oktober wurden durchschnittlich pro Monat:
- Knapp 5.000 unerlaubte Einreisen registriert.
- Etwas mehr als 3.000 Menschen abgewiesen.
- Etwa 128 Schleuser festgesetzt.
Die Verteilung der illegalen Einreisen variiert stark unter den Ländern:
- Über Österreich kommen überdurchschnittlich viele Schleuser.
- Die meisten illegalen Einreisen erfolgen über Polen.
Politische Reaktionen und wirtschaftliche Bedenken
Trotz dieser Zahlen gibt es auch Stimmen, die gegen eine generelle Fortsetzung der Grenzkontrollen sind. Die FDP plädiert für eine Verlängerung der Kontrollen über die EM hinaus, während das Bundesinnenministerium betont, dass die Kontrollen nur vorübergehend sind und ab Freitag wieder aufgehoben werden sollen – mit Ausnahme der Grenze zu Frankreich, um die Sicherheit der Olympischen Spiele in Paris zu gewährleisten. Laut dem Sprecher von Bundesinnenministerin Nancy Faeser seien Kontrollen an allen Grenzen europarechtlich „nicht erforderlich und nicht gerechtfertigt“. Hauptmigrationsrouten lägen im Osten und Süden, daher seien dort Kontrollen zur Bekämpfung illegaler Migration und Schleuserkriminalität gerechtfertigt. Eine generelle Fortsetzung könnte negative Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Grenzverkehr, Tourismus und Pendler haben.
Stimmen aus der Polizeigewerkschaft
Manuel Ostermann, stellvertretender Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, hält die Aufhebung der Grenzkontrollen im Westen für fatal und spricht sich für deren Beibehaltung aus. „Warum sollten wir das nicht machen?“ fragt Ostermann. Er plädiert für eine flexible und technologisch unterstützte Überwachung, wie etwa Schleierfahndungen und den Einsatz von Drohnen.
Der humanitäre Aspekt
Nicht zuletzt ist die humanitäre Lage ein wichtiger Aspekt in dieser Diskussion. Hunderttausende Menschen suchen in Europa Zuflucht vor Krieg und Vertreibung. Viele von ihnen wenden sich in ihrer Not an Schlepperbanden, die sie gegen hohe Summen nach Europa bringen sollen. Hierbei betont Ostermann, dass die Bundespolizei nur mit einer Ausnahmegenehmigung vom Schengener Abkommen effektiv als Grenzbehörde agieren und Menschen direkt zurückschicken könne.
Die Debatte um Grenzkontrollen ist komplex und von verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und humanitären Faktoren geprägt. Während die Union auf eine Fortsetzung der Kontrollen pocht, um die Sicherheit im Land zu gewährleisten, gibt es auch starke Gegenargumente bezüglich der Auswirkungen auf den Grenzverkehr und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Wie sich die Politik in diesem Spannungsfeld entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass das Thema weiterhin für intensive Diskussionen sorgen wird.