Der traditionsreiche Batteriehersteller Varta steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Nachdem das Unternehmen monatelang von einer Krise in die nächste gerutscht war, wurde nun eine Lösung zur Rettung präsentiert. Diese bringt jedoch schwerwiegende Konsequenzen für die Aktionäre mit sich.
Der Fall in die Krise: Ein Überblick
Varta, ein Unternehmen mit einer über 130-jährigen Geschichte, musste in den vergangenen Monaten mehrere Rückschläge hinnehmen. Zu den größten Herausforderungen zählten ein massiver Hackerangriff auf die Produktion, das Ausbleiben der Jahreszahlen, der Abstieg aus der dritten Börsenliga und verfehlte Umsatzziele. Diese Entwicklungen führten dazu, dass das Unternehmen, das einst als Symbol für Innovation und Qualität in der Batterietechnologie galt, zunehmend in Schwierigkeiten geriet.
Besonders problematisch war die Abhängigkeit von einem großen Kunden – Apple. Der US-Technologiekonzern setzte Varta-Batterien in seinen kabellosen Ohrhörern ein. Doch als Apple einen weiteren Zulieferer ins Boot holte, geriet das Geschäft von Varta erheblich unter Druck. Der damalige CEO, Herbert Schein, musste daraufhin die Umsatz- und Gewinnziele deutlich nach unten korrigieren und trat wenig später zurück.
Die Sanierung: Porsche steigt ein
Um das angeschlagene Unternehmen zu retten, wurde ein umfassendes Sanierungskonzept ausgearbeitet. Dieses sieht zwei wesentliche Maßnahmen vor: einen drastischen Schuldenschnitt und die Verlängerung bestehender Kredite. Durch diese Maßnahmen sollen die Verbindlichkeiten von fast einer halben Milliarde Euro auf 200 Millionen Euro reduziert werden. Zudem wird das Grundkapital der Varta AG auf null Euro herabgesetzt, was zur Folge hat, dass die aktuellen Aktionäre vollständig enteignet werden.
Eine weitere bedeutende Änderung ist der Einstieg von Porsche bei Varta. Der Stuttgarter Sportwagenhersteller übernimmt gemeinsam mit einer Gesellschaft des bisherigen Mehrheitseigners Michael Tojner wesentliche Anteile an Varta. Beide Investoren bringen jeweils 30 Millionen Euro ein, während die Gläubiger zusätzlich 60 Millionen Euro als Darlehen zur Verfügung stellen.
Diese Maßnahmen sollen die Finanzierung von Varta bis Ende 2027 sicherstellen und dem Unternehmen eine stabile Grundlage für die Zukunft bieten. Der Preis dafür ist jedoch hoch, insbesondere für die Aktionäre, die ohne Kompensation aus dem Unternehmen ausscheiden.
Die Konsequenzen für die Aktionäre
Die Enteignung der Aktionäre, obwohl legal und durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) gedeckt, hat zu heftigen Reaktionen geführt. Vertreter von Aktionären und Anlegerverbänden haben bereits Widerstand angekündigt. Die Tatsache, dass Kleinanleger im Zuge der Sanierung vollständig leer ausgehen, wird als ungerecht empfunden. „Es ist unfassbar, wie leicht es Unternehmen heutzutage gemacht wird, die Anteilseigner einfach hinauszudrängen“, kritisierte ein Sprecher der Aktionärsschützer.
Der Aktienkurs von Varta spiegelte die Dramatik der Situation wider: Nachdem die Aktie nach einer kurzen Erholungsphase auf über fünf Euro gestiegen war, brach sie um 50 Prozent ein und liegt nun nur noch knapp über zwei Euro. Die einstige Hoffnung, dass sich bei Varta alles zum Guten wenden könnte, wurde damit für viele Aktionäre bitter enttäuscht.
Ein Unternehmen mit langer Geschichte
Varta wurde 1887 gegründet und steht seitdem für „Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Akkumulatoren“. Das Unternehmen erlangte internationale Bekanntheit, als der Forscher Fridtjof Nansen Varta-Batterien bei seiner Polar-Expedition verwendete. Über die Jahre hinweg hat sich das Unternehmen stark gewandelt. Bereits in den 1990er Jahren geriet Varta in finanzielle Schwierigkeiten, was schließlich zur Aufspaltung und zum Verkauf des Unternehmens führte.
Der Einstieg des österreichischen Investors Michael Tojner im Jahr 2007 und der anschließende Börsengang der Mikrobatterie-Sparte 2017 galten zunächst als Erfolgsgeschichte. Vor allem die steigende Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien, die unter anderem in kabellosen Kopfhörern und Smartwatches Verwendung finden, sorgte für einen erheblichen Umsatzschub.
Vom Hoffnungsträger zum Sanierungsfall
Doch die rasante Expansion und die starke Abhängigkeit von einzelnen Großkunden erwiesen sich letztlich als Stolpersteine. Die Entwicklung von Batteriezellen für Elektroautos, die Varta mit viel Hoffnung und Investitionen verfolgt hatte, blieb ein Nischenprodukt. Insbesondere die Batterie für Hybridfahrzeuge konnte nicht den erhofften Erfolg bringen.
Operative Schwierigkeiten, hohe Schulden und tiefrote Zahlen brachten Varta schließlich an den Rand des Abgrunds. „Zu viel Geld wurde leichtfertig investiert“, räumte Michael Tojner in einem Interview ein. Auch der Hackerangriff im Frühjahr dieses Jahres, der die Produktion an den deutschen Standorten lahmlegte, verschärfte die Krise zusätzlich.
Was bringt die Zukunft?
Die Zukunft von Varta bleibt trotz der Sanierung ungewiss. Zwar plant das Unternehmen, an allen deutschen Standorten festzuhalten, doch in der Verwaltung wird es zu einem moderaten Stellenabbau kommen. In der Produktion sollen hingegen neue Arbeitskräfte eingestellt werden. Wie sich diese Maßnahmen letztlich auf die Gesamtzahl der Beschäftigten – derzeit rund 4.000 – auswirken werden, ist noch unklar.
Die Umsetzung des Sanierungskonzepts wird in den kommenden Wochen schriftlich fixiert und beim zuständigen Sanierungsgericht eingereicht. Die Zustimmung der beteiligten Gremien und die Freigabe durch das Bundeskartellamt stehen noch aus. Es wird erwartet, dass der Prozess bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein könnte.
Varta hat mit der aktuellen Rettungsaktion eine Chance auf einen Neuanfang erhalten. Ob dieser jedoch gelingt und wie das Unternehmen sich in einem zunehmend schwierigen Marktumfeld behaupten wird, bleibt abzuwarten. Die Geschichte von Varta zeigt eindrucksvoll, wie schnell ein Unternehmen vom Hoffnungsträger zum Sanierungsfall werden kann.