Was Kunden jetzt wissen müssen
Die Versicherungsbranche steht vor einem historischen Zusammenschluss: Die Gothaer und die Barmenia haben sich auf eine Fusion geeinigt. Die Aufsichtsräte und Mitgliedervertreter beider Unternehmen haben den Plänen bereits zugestimmt, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Dieser Zusammenschluss ist die größte Fusion in der deutschen Versicherungsbranche seit Jahrzehnten.
Bereits im März des Vorjahres hatten die beiden Versicherungskonzerne ihre Fusionspläne erstmals bestätigt. Der Zusammenschluss soll in mehreren Schritten erfolgen. Am Ende dieses Prozesses wird die Barmenia.Gothaer Finanzholding AG mit Sitz in Köln die Spitze des neuen Konzerns bilden. Unter dieser Holding werden verschiedene Risikoträger zusammengeführt. Die Gothaer mit Sitz in Köln wird 64 Prozent der Anteile an der Holding halten, während die Barmenia aus Wuppertal 36 Prozent halten wird.
Auswirkungen auf die Versicherungslandschaft
Durch die Fusion wird der neue Versicherer allein in der Kranken- und Lebensversicherung über eine Million Kunden betreuen. Die Fusion soll im Herbst abgeschlossen werden, vorausgesetzt, die Finanzaufsicht BaFin gibt grünes Licht. Das Bundeskartellamt hatte bereits im März seine Zustimmung erteilt.
Nach der Fusion wird die Barmenia-Gothaer Beitragseinnahmen von knapp acht Milliarden Euro erzielen und somit zu den zehn größten Versicherungsunternehmen in Deutschland gehören. Sie wird damit die Signal-Iduna, die derzeit 6,6 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen hat, überholen.
Was bedeutet der Zusammenschluss für Kunden?
Der neue Konzern wird über ein Netz von 4500 Vermittlern verfügen, was ihn zur größten Vertriebsorganisation in Deutschland macht. Oliver Schoeller, Vorstandschef der Gothaer, versichert: „Für unsere Vertriebspartnerinnen und -partner ändert sich erst einmal nichts, sie können die Produkte der Gothaer Kranken also weiter anbieten.“ Auch für die Kunden hat die Fusion vorerst keine direkten Auswirkungen. Der Versicherungsschutz bleibt unverändert bestehen. Schoeller betont: „Aus der Zusammenführung entsteht einer der führenden Versicherer in der privaten Krankenversicherung.“
Im ersten Schritt sollen noch in diesem Jahr die beiden Lebensversicherer zusammengeführt werden. In einem zweiten Schritt folgen die Krankenversicherer. Spätestens Anfang 2028 soll die Fusion dann vollständig abgeschlossen sein. Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia, erklärt: „Ähnliche Fusionen benötigten bisher einen Zeitraum von drei Jahren.“
Worauf müssen Kunden achten?
Noch muss die BaFin den Plänen zustimmen. Erst danach gilt für Kunden: bleiben oder handeln. Grundsätzlich informiert der Versicherer seine Kunden über die Fusion. Es ist unwahrscheinlich, dass die Versicherungen ihre Beiträge anheben. Trotzdem sollten Kunden Briefe und E-Mails sehr genau lesen.
Haushalte sollten die Möglichkeit nutzen, Vergleiche mit anderen Versicherern anzustellen. Wer seit vielen Jahren den gleichen Vertrag bei einem Versicherer hat, sollte die Policen genau prüfen. Im Einzelfall bieten andere Versicherer möglicherweise bessere Konditionen und einen umfassenderen Versicherungsschutz.
Bei gravierenden Unterschieden im Vertrag könnte ein Wechsel sinnvoll sein. Allein die Fusion begründet kein Sonderkündigungsrecht, da Versicherungsverträge als Dauerschuldverhältnisse gelten. Ändern sich jedoch die Bedingungen, Beiträge oder wird der Vertrag auf ein neues Versicherungsunternehmen übertragen, kann ein Sonderkündigungsrecht entstehen. Rechtsexperten erklären: „Vor allem, wenn sich der Vertrag dadurch grundlegend ändert, haben Kunden möglicherweise ein Sonderkündigungsrecht.“ Versicherer müssen in solchen Fällen auf die Änderungen hinweisen und die Zustimmung zu den neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen einholen.
Die Fusion zwischen Gothaer und Barmenia markiert einen bedeutenden Schritt in der deutschen Versicherungslandschaft. Für die Kunden ändert sich vorerst wenig, dennoch sollten sie wachsam bleiben und ihre Verträge prüfen, um gegebenenfalls von besseren Konditionen profitieren zu können. Die Zustimmung der BaFin steht noch aus, aber die Weichen für einen neuen Großkonzern in der Versicherungsbranche sind gestellt.