Israels Oberster Gerichtshof schreibt Wehrpflicht für Ultraorthodoxe vor

Juni 25, 2024

In einer bahnbrechenden Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof Israels entschieden, dass ultra-orthodoxe Juden zum Militär eingezogen werden müssen. Damit wurde eine langjährige Ausnahmeregelung in Frage gestellt und der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu ein schwerer Schlag versetzt. Dieses Urteil könnte Netanjahus fragile Koalition, die auf die Unterstützung der ultraorthodoxen Parteien angewiesen ist, ins Wanken bringen.

Historisches Urteil des Obersten Gerichtshofs

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs markiert einen entscheidenden Moment in der rechtlichen und sozialen Landschaft Israels. Das Gericht wies die Regierung an, ultraorthodoxe Juden zum Militär einzuziehen und den Jeschiwas, deren Studenten sich nicht daran halten, die Finanzierung zu entziehen. „Die Regierung wollte auf der Ebene der Strafverfolgung zwischen Individuen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit unterscheiden“, erklärte das Gericht und betonte den Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit.

Langfristige Ausnahmen und die öffentliche Meinung

Ultra-orthodoxe Juden sind seit der Gründung Israels vom nationalen Militärdienst befreit und widmen ihr Leben dem religiösen Studium. Die meisten Israelis sind jedoch der Meinung, dass sie im Militär dienen sollten. Eine Umfrage des Israel Democracy Institute vom Februar ergab, dass 64% der Israelis und 70% der jüdischen Israelis der Meinung sind, dass die Haredi-Ausnahme geändert werden sollte.

Netanjahus Koalition in Gefahr

Netanjahus Regierung hängt stark von Haredi-Parteien wie United Torah Judaism und Shas ab, die sich vehement gegen die Aufhebung der Ausnahmeregelung aussprechen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt für Netanjahu, dessen Regierung durch interne Meinungsverschiedenheiten und den anhaltenden Konflikt in Gaza belastet ist. Verteidigungsminister Yoav Gallant und IDF-Stabschef Herzi Halevi haben sich öffentlich für die Einberufung von Haredi-Männern ausgesprochen, was den internen Druck noch erhöht.

Reaktionen von politischen und religiösen Führern

Das Urteil hat heftige Reaktionen aus verschiedenen Richtungen hervorgerufen. Eliad Shraga, Vorsitzender des Movement for Quality Government in Israel, begrüßte die Entscheidung: „Das Urteil des Obersten Gerichtshofs setzt 76 Jahren ungesetzlicher Ungleichheit und Diskriminierung ein Ende.“ Der Vorsitzende der Shas-Partei, Aryeh Deri, verurteilte dagegen das Urteil und betonte die Bedeutung des Torastudiums für die Verteidigung Israels.

Praktische Implikationen und Herausforderungen

Trotz der Entscheidung des Gerichts bleiben erhebliche praktische Herausforderungen bestehen. Führende Militärs haben Bedenken geäußert, eine große Anzahl ultra-orthodoxer Männer in die IDF zu integrieren, und die Notwendigkeit spezieller Einheiten für ihre religiösen Bedürfnisse angeführt. „Nach den Berechnungen der Armee wurden im vergangenen Jahr 1.800 Menschen eingezogen“, sagte Gilad Malach vom Israel Democracy Institute. „Die Armee muss etwas ändern, um sie zu rekrutieren.“

Künftige gesetzgeberische Bemühungen

Es wird erwartet, dass ultra-orthodoxe Führer weiterhin auf eine Gesetzgebung drängen, die eine gesetzliche Ausnahmeregelung vorsieht. Moshe Roth, ein Knessetmitglied des Vereinigten Torah-Judentums, bemerkte: „Praktisch wird sich nichts ändern“ und spielte damit die unmittelbaren Auswirkungen des Urteils herunter. Die Entscheidung dürfte jedoch die Spannungen innerhalb der Regierung Netanjahu und zwischen politischen und militärischen Führern verschärfen.

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs Israels zur Einberufung ultra-orthodoxer Juden ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung bei der Verpflichtung zum Nationaldienst. Während die praktische Umsetzung vor zahlreichen Herausforderungen steht, schafft diese Entscheidung einen Präzedenzfall, der die gesellschaftspolitische Landschaft Israels umgestalten könnte. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie die Regierung Netanjahu dieses komplexe Thema inmitten des anhaltenden internen und externen Drucks meistert.

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