Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu könnte bald gezwungen sein, sich zwischen der Zustimmung zu einem Waffenstillstandsabkommen mit der Hamas und dem Machterhalt seiner Regierung zu entscheiden. Diese komplexe Entscheidung wird Netanjahus politischen Scharfsinn und die Stabilität seiner Koalition auf die Probe stellen.
Der Vorschlag für einen Waffenstillstand und Netanjahus Dilemma
Monatelang hat Netanjahu einen dauerhaften Waffenstillstand geschickt vermieden, indem er die „wahnhaften Forderungen“ der Hamas für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich machte. Die öffentliche Darstellung des jüngsten israelischen Waffenstillstandsvorschlags durch US-Präsident Joe Biden – der möglicherweise zu einem dauerhaften Waffenstillstand führen könnte – hat Netanjahu jedoch in eine schwierige Lage gebracht. Aviv Bushinsky, ein ehemaliger Berater von Netanjahu, bemerkte: „Bibi ist jetzt in die Enge getrieben“, denn Biden „zwingt Bibi, seine Maske abzulegen und zu sagen: ‚OK, jetzt ist der Zeitpunkt für Geld. Sind Sie für eine Einigung?'“.
Interner Druck und Bedrohungen durch die Koalition
Während Israel auf die Antwort der Hamas auf den jüngsten Vorschlag wartet, drohen der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, und andere rechtsextreme Koalitionsmitglieder damit, die Regierung zu verlassen, falls Netanjahu mit dem Waffenstillstand fortfährt. Netanjahu versucht, den Vorschlag neu zu formulieren, indem er darauf besteht, dass er nicht so ist, wie Biden ihn definiert hat, und versucht, seine rechtsextremen Minister zu beruhigen, dass der Krieg weitergehen wird, bis die Hamas beseitigt ist. Ben Gvir ist jedoch nach wie vor nicht überzeugt und glaubt, dass Netanjahu etwas zu verbergen hat.
Opposition und politisches Überleben
Oppositionsführer Yair Lapid hat ein „Sicherheitsnetz“ angeboten, um die Regierung an der Macht zu halten, damit ein Waffenstillstandsabkommen zustande kommt, aber das birgt das Risiko von vorgezogenen Wahlen. Netanjahus politisches Überleben scheint mit dem laufenden Krieg und seinem Streben nach einem Sieg über die Hamas verwoben zu sein. Trotz dieser Herausforderungen zeigen die jüngsten Umfragen, dass Netanjahu an Popularität gewinnt und seinen Rivalen Benny Gantz als bevorzugte Wahl für das Amt des Ministerpräsidenten verdrängt.
Öffentliche Meinung und internationaler Druck
Eine Umfrage des israelischen Fernsehsenders Channel 11 ergab, dass 40% der Öffentlichkeit die Waffenstillstandsvereinbarung unterstützen, 27% sind dagegen und 33% sind sich nicht sicher. Die internationale Verurteilung des israelischen Kriegseinsatzes in Gaza und die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, einen Haftbefehl gegen Netanjahu zu beantragen, haben seine Position als Verteidiger Israels gestärkt.
Bidens Herausforderung und die Antwort der Hamas
In der vergangenen Woche zwang Biden Netanjahu mit seiner Rede dazu, sich mit seiner Wahl auseinanderzusetzen und dem Druck aus Netanjahus Koalition zu begegnen. Biden forderte die israelische Führung auf, das Abkommen trotz interner Widerstände zu unterstützen. „Ich weiß, dass es in Israel einige gibt, die mit diesem Plan nicht einverstanden sind und fordern, dass der Krieg auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Einige sind sogar in der Regierungskoalition“, sagte Biden.
Die Reaktion der Hamas auf diesen Vorschlag bleibt kritisch. Obwohl sie Bidens Rede positiv aufgenommen haben, haben sie nicht offiziell reagiert. Der Vorschlag sieht einen 6-wöchigen Waffenstillstand vor, der für weitere Verhandlungen verlängert werden kann, enthält aber keine Verpflichtung zu einem dauerhaften Waffenstillstand.
Netanyahus Entscheidung zwischen einem Waffenstillstand und dem Überleben seiner Regierung ist politisch und strategisch kompliziert. Wie sich die Situation entwickelt, wird seine Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft Israels und den laufenden Konflikt mit der Hamas haben. Ob die Hamas Netanjahu zu dieser schwierigen Entscheidung zwingt oder ihm einen Ausweg bietet, bleibt abzuwarten.