Britische Zeitung warnt vor Crack-Junkies in Frankfurt: Realität im Bahnhofsviertel
Unmittelbar vor den Europameisterschafts-Spielen in Frankfurt hat die britische Boulevardzeitung „The Sun“ das Bahnhofsviertel zur No-go-Area erklärt. Die Zeitung beschreibt das Viertel als „Zombieland“ und behauptet, es sei der „gefährlichste Slum Deutschlands“, in dem tausende Drogensüchtige und Dealer ihr Unwesen treiben. Doch wie sieht die Realität vor Ort tatsächlich aus?
Leben im Bahnhofsviertel: Ein Erfahrungsbericht
Amar, ein 50-jähriger Mann aus Algerien, der seit 2019 in Frankfurt lebt, gibt einen Einblick in sein Leben im Bahnhofsviertel. Er haust in einem provisorischen Lager am Eingang eines ehemaligen Hotels in der Moselstraße. „Seit Monaten lebe ich hier auf kaum mehr als zwei Quadratmetern,“ erzählt er. Trotz seiner Bemühungen, sauber und gepflegt zu bleiben, ist sein Körper vom jahrelangen Heroinkonsum gezeichnet.
Die Situation hat sich in den letzten Jahren verschärft. „Ständig gibt es Überfälle, brutale Schlägereien zwischen den Junkies,“ berichtet Amar. Er lebt in ständiger Angst vor den aggressiven Dealern und den Auswirkungen des konsumierten Cracks, das die Süchtigen aggressiv macht. Hilfe von der Stadt erwartet er kaum, obwohl er die Angebote des Nachtcafés nutzt, um zu duschen und zu essen.
Drogenkonsum und Kriminalität im Bahnhofsviertel
Laut dem Drogenreferat der Stadt Frankfurt nutzen etwa 3300 Menschen die Konsumräume in der Stadt, von denen sich rund 300 regelmäßig im Bahnhofsviertel aufhalten. Crack ist seit 2012 die am weitesten verbreitete Droge, gefolgt von Alkohol, Cannabis und Heroin. Die Polizei verzeichnete im letzten Jahr etwa 8500 Drogendelikte in Frankfurt, wobei knapp die Hälfte aller Straftaten mit Drogenbezug im Bahnhofsviertel stattfanden.
Die Polizei führt dort regelmäßig Personenkontrollen durch, mit mindestens einer Großkontrolle pro Woche. Ein Sprecher der Polizei betont die Notwendigkeit dieser Maßnahmen, um die Sicherheit im Viertel zu gewährleisten.
Stimmen aus der Drogenszene
Direkt im Bahnhofsviertel treffen wir auf weitere Betroffene. Ein Mann in Lederjacke und zwei Frauen sitzen auf den Stufen eines Hauseingangs mit ihren Crack-Pfeifen. „Ohne die Cops wäre das hier noch viel schlimmer,“ sagt der Mann. Ein weiterer Mann, der sich seit über zwanzig Jahren auf harten Drogen befindet, ergänzt: „Hier wirste doch heute für ’nen Euro abgestochen, das war früher nicht so krass.“
Die Atmosphäre ist angespannt, und die Anwesenden sind sich der Gefahr bewusst, die von den aggressiven Dealern ausgeht. Der Drogenkonsum findet oft im Verborgenen statt, doch die Auswirkungen sind überall sichtbar.
Hilfe und Hoffnung: Der Drogennotdienst
Wolfgang Barth, Leiter des Drogennotdienstes (DND) in der Elbestraße, arbeitet seit mehr als 30 Jahren mit Suchtkranken. „Das Hauptproblem ist Crack,“ erläutert er. Trotz der schwierigen Umstände sieht er eine „gewisse Beruhigung in der offenen Drogenszene“ durch die erhöhte Polizeipräsenz. Die Hilfsangebote des DND sind weiterhin stark nachgefragt. „Unsere 20 Übernachtungsplätze und Tagesruhebetten sind eigentlich immer voll,“ berichtet Barth.
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Barth betont, dass trotz aller Schwierigkeiten intensive Betreuung und Unterstützung essenziell sind. „Diese Chance haben alle Menschen, Veränderungen sind immer möglich,“ sagt er. Ein drogenfreies Leben sei zwar für viele schwer zu erreichen, aber ein „halbwegs integriertes Leben mit deutlich reduziertem Konsum“ sei für viele realisierbar.
Die Warnung der „Sun“ vor dem Frankfurter Bahnhofsviertel ist drastisch, doch sie basiert auf realen Problemen. Die Drogenszene in Frankfurt ist komplex und stellt eine große Herausforderung dar. Durch intensive Betreuung und gezielte Polizeieinsätze wird versucht, die Situation zu verbessern. Dabei ist es wichtig, die Betroffenen nicht nur als Teil eines Problems, sondern als Menschen mit individuellen Schicksalen zu sehen, die Unterstützung und Hoffnung verdienen.