Renten im Osten: Jeder Fünfte erhält nach 45 Jahren unter 1200 Euro
In Deutschland erhalten mehr als eine Million Rentner trotz 45 Jahren Beitragszahlung nur eine schmale Rente. Dies zeigt eine aktuelle Erhebung der Bundesregierung, die auf eine Anfrage von Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Bundestagsgruppe BSW, bereitgestellt wurde. Ende des vergangenen Jahres erhielten etwa 1,08 Millionen von insgesamt 5,40 Millionen Rentnern, die mindestens 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, eine monatliche Rente von weniger als 1200 Euro. Dies bedeutet, dass rund 20 Prozent der langjährig Versicherten mit sehr niedrigen Rentenansprüchen konfrontiert sind. Die Zahlen verdeutlichen, dass eine signifikante Anzahl von Rentnern trotz jahrzehntelanger Einzahlungen unter dem Existenzminimum lebt.
Regionaler Unterschied: Ostdeutsche Rentner besonders betroffen
Besonders betroffen sind die Rentner in den ostdeutschen Bundesländern. In Brandenburg beziehen rund 71.000 Menschen eine Rente unter 1200 Euro nach 45 Versicherungsjahren, während etwa 212.000 Rentner dieser Kategorie darüber liegen. In Sachsen liegt das Verhältnis bei 145.000 zu 363.000, und in Thüringen erhalten 74.000 Rentner weniger als 1200 Euro, während 189.000 Rentner höhere Beträge beziehen. Diese Zahlen spiegeln die anhaltenden regionalen Unterschiede in der Rentenverteilung wider.
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Durchschnittliche Rentenhöhe: West- und Ostdeutschland im Vergleich
Die durchschnittliche Rente für Menschen mit mindestens 45 Versicherungsjahren liegt bundesweit bei 1604 Euro. Im Westen Deutschlands liegt dieser Betrag bei durchschnittlich 1663 Euro, während Rentner im Osten durchschnittlich 1471 Euro erhalten. Hier zeigt sich ein klarer Unterschied: Während im Westen alle Bundesländer sowie Berlin einen Durchschnittswert von über 1600 Euro aufweisen, sind die ostdeutschen Länder, angeführt von Thüringen mit 1437 Euro, am Ende der Skala.
Kritik und Forderungen: Sahra Wagenknecht schlägt Alarm
Sahra Wagenknecht äußerte sich kritisch zu diesen Zahlen und bezeichnete die Situation als „politischen Skandal“. „1604 Euro nach mindestens 45 Arbeitsjahren – dieser Wert zeigt, wie leistungsschwach die deutsche Rentenversicherung ist“, erklärte sie der Deutschen Presse-Agentur. Sie forderte eine umfassende Reform der Rentenversicherung und schlug vor, sich ein Beispiel an Österreich zu nehmen, wo die Renten für langjährig Versicherte durchschnittlich 800 Euro höher sind als in Deutschland.
Ursachen für niedrige Renten
Die Ursachen für niedrige Renten sind vielfältig. Ein erheblicher Anteil der Rentner, darunter viele Selbstständige, Beamte und Hausfrauen, hat nur kurze Zeit in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, was zu niedrigen Renten führt. Darüber hinaus beeinflussen Teilzeitarbeit und längere Arbeitsunterbrechungen vor allem westdeutsche Frauen negativ. Auch das Bundesarbeitsministerium weist darauf hin, dass die Rentenhöhe nicht zwangsläufig auf das gesamte Einkommen eines Rentners schließen lässt, da viele zusätzliche Einkommensquellen existieren können.
Österreich als Vorbild: Eine mögliche Lösung?
Wagenknecht fordert, dass Deutschland sich an den erfolgreichen Rentenmodellen der Nachbarländer orientiert, insbesondere an Österreich. „Was dort geht, muss auch bei uns möglich sein“, betonte sie. In Österreich liegt die Durchschnittsrente für langjährig Versicherte etwa 800 Euro über dem deutschen Niveau. Dies ist vor allem auf eine umfassende Rentenreform zurückzuführen, die vor etwa 20 Jahren eingeführt wurde. Die Reform führte zu einem höheren Beitragssatz und einer breiteren Abdeckung durch die gesetzliche Rentenkasse.
Die aktuellen Rentenzahlen zeigen erhebliche Herausforderungen für das deutsche Rentensystem auf, insbesondere für Rentner im Osten des Landes. Die Forderungen nach Reformen und die Orientierung an erfolgreichen Modellen aus anderen Ländern könnten mögliche Ansätze sein, um die Rentenansprüche langfristig zu verbessern und Altersarmut zu bekämpfen.