Apple hat die Bankenwelt in Aufruhr versetzt. In einem Umfeld, in dem die meisten Banken weniger als 0,5 % Rendite auf Ersparnisse bieten, hat der mit 2,6 Billionen Dollar bewertete Tech-Riese eine jährliche Rendite von 4,15 % ohne Einschränkungen und mit der Sicherheit der FDIC-Versicherung vorgestellt. Der Zeitpunkt für diesen Schritt könnte nicht besser gewählt sein, da sich die regionalen Banken nach dem Umbruch bei der Silicon Valley Bank erholen müssen und die aufstrebenden Fintechs händeringend nach Geldmitteln suchen.
Apple ist zwar per Definition keine Bank, steht aber in einer Allianz mit der Goldman Sachs Bank USA (im Volksmund Marcus genannt), die über eine staatliche Zulassung und FDIC-Deckung verfügt. Im Fintech-Lexikon teilt sich Apple den Platz der Neobanken mit Marken wie Chime, Revolut und Monzo. Aber Apples globale Markenpräsenz, symbolisiert durch über zwei Milliarden iPhones, ist beispiellos und macht das Unternehmen zu einem mächtigen Verbündeten für Goldman.
Die jährliche Gallup-Studie „Confidence in Institutions“ (Vertrauen in Institutionen) hat gezeigt, dass vor dem SVB-Vorfall nur 27 % der Amerikaner ihrer Bank zutiefst vertrauten – ein starker Kontrast zu den 60 % im Jahr 1979. Apple setzte unterdessen seine Dominanz fort und stand 2022 zum zehnten Mal in Folge an der Spitze der Global Best Brands von Interbrand. Bemerkenswert ist, dass es nur JPMorgan auf die Liste geschafft hat und auf Platz 24 steht.
Wie der Analyst Dan Ives von Wedbush Securities es treffend formulierte: „Apple rast voraus, während viele Banken sich noch zurückhalten.“
Dieses renditestarke Sparkonto ist exklusiv für Apple Card Inhaber. Die Einrichtung dauert nur wenige Minuten, und die verdienten Prämien, das so genannte „Tagesgeld“, fließen nahtlos auf dieses Konto mit hoher Rendite. Dieses gesamte Ökosystem wird in der digitalen Welt von Apple sichtbar und ermöglicht es den Nutzern, ihre Finanzen zu überwachen, und unterstreicht die starke Stellung von Apple bei seinen digitalen Angeboten.
David Donovon von Publicis Sapient fasst dies wie folgt zusammen: „Ein harmonischer Kreislauf, in dem alles in der Welt von Apple erhalten bleibt.“
Das jüngste Projekt von Apple ist eine Fortsetzung seiner aggressiven finanziellen Expansion. Von der Einführung eines zins- und gebührenfreien Zahlungssplitting-Systems bis hin zur Einführung von Tap-to-Pay-Mechanismen für Händler, die iPhones verwenden, verankert sich Apple tief im Alltag der Verbraucher und profitiert von Transaktionsgebühren und Cross-Promotion-Aktionen.
Goldman Sachs ist zwar nach wie vor die unsichtbare Kraft, die diese Finanzprodukte vorantreibt, aber es zeigt, dass sich die Wahrnehmung der Verbraucher ändert und die alten Bankensiegel möglicherweise nicht mehr der Goldstandard sind. Goldman, trotz seiner illustren Geschichte, spiegelt nun die Backend-Akteure im Bereich Banking-as-a-Service wider.
Chris Nichols von der South State Bank prophezeit: „Kooperationen wie diese könnten das traditionelle Bankwesen unkenntlich machen.“
Im Bankenbereich hat es ähnlich ehrgeizige Überschneidungen gegeben. In der Vergangenheit wagte sich Sears Roebuck, einst Amerikas Einzelhandelstitan mit einer omnipräsenten Marke, in den Finanzsektor. Dennoch war der Niedergang des Unternehmens unvermeidlich, da technisch versierte Anbieter wie Walmart und Target die Führung übernahmen und Amazon den endgültigen Todesstoß versetzte, der 2018 zum Konkurs des Unternehmens führte.
Das neue Sparkonto von Apple in Zusammenarbeit mit Goldman Sachs scheint eine Möglichkeit zu sein, mehr iPhone-Benutzer in ihren Finanzbereich zu integrieren. Der Schwerpunkt liegt nicht unbedingt auf der Rentabilität, sondern auf der Schaffung eines unvergleichlichen Benutzererlebnisses. Während Apple auf dem Gebiet der Finanztechnologie rasante Fortschritte macht, kämpfen traditionelle Banken damit, überzeugende digitale Schnittstellen zu bieten.
Apples nahezu vollständige Kontrolle über das Bezahlen mit dem iPhone in Geschäften verleiht dem Unternehmen einen erheblichen Verhandlungsspielraum. Bei der Einführung von Apple Pay im Jahr 2014 stimmten die Banken einer Transaktionsgebühr von 0,15 % für Apple zu, die den Löwenanteil der Einnahmen aus der digitalen Brieftasche ausmacht.
Konkurrenten wie Google Pay auf Android haben mit Hindernissen zu kämpfen, zumal Google im Gegensatz zu Apple Dritten die Nutzung von Tap-to-Pay auf seinen Telefonen erlaubt.
Finanzriesen und Aufsichtsbehörden haben die Exklusivität von Apple zur Kenntnis genommen. Es gab Vorwürfe wegen monopolistischer Praktiken und Bedenken der Europäischen Union bezüglich der Zahlungstechnologie von Apple.
Allerdings müssen sowohl Apple als auch Goldman Sachs die regulatorischen Vorgaben mit Vorsicht genießen. Die Angleichung von technologischer Innovation und traditionellen Bankwerten bleibt ein strittiger Punkt. Wie Michael J. Hsu, Acting Comptroller of the Currency, kürzlich feststellte, wird die Verbindung von stabilitätsorientiertem Bankwesen und technologischem Aufbruchgeist die Zukunft des offenen Bankwesens tiefgreifend prägen.
Während sich die Landschaft des Bankensektors durch die Verbindung von Technologie und Finanzwesen seismisch verändert, beschreiten Unternehmen wie Apple und Goldman Sachs innovative Wege. Diese Verschmelzung bringt sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Sie bietet zwar das Potenzial für mehr Zugänglichkeit, Effizienz und Bequemlichkeit bei Finanzdienstleistungen, aber auch für eine intensive Prüfung durch die Regulierungsbehörden. Das Gleichgewicht zwischen technologiegetriebener Disruption und den Grundprinzipien der Stabilität des Bankwesens wird die Zukunft des Geldmanagements für Verbraucher weltweit bestimmen.