Rekordzahl an Firmenpleiten inmitten wirtschaftlicher Flaute
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland hat im Juli 2023 ein Rekordniveau erreicht. Eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigt, dass insgesamt 1.406 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften registriert wurden. Dies stellt einen Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zum Vormonat und einen Anstieg von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dar. Der aktuelle Wert liegt zudem um 46 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also der Zeit vor der Corona-Pandemie.
Branchenübergreifender Anstieg
Laut IWH betrifft der deutliche Anstieg der Insolvenzzahlen alle Branchen. Besonders stark betroffen ist jedoch das verarbeitende Gewerbe. Die Zahl der Insolvenzen in der Industrie stieg von 100 im Juni auf 145 im Juli, was einen neuen Höchstwert seit der Erfassung von Brancheninformationen im IWH-Insolvenztrend im Januar 2020 darstellt. Besonders betroffen waren die Bundesländer Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
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Auswirkungen auf Arbeitsplätze
In den größten zehn Prozent der Unternehmen, deren Insolvenz im Juli gemeldet wurde, sind laut IWH-Analyse knapp 10.000 Arbeitsplätze betroffen. „Schließungen großer Arbeitgeber können zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten führen“, erklärte das Institut. Steffen Müller, Professor an der Universität Magdeburg und Insolvenzforscher am IWH, betonte gegenüber t-online: „Die Gesamtzahl der betroffenen Jobs ist erheblich. Das zeigt, viele große Firmen sind derzeit betroffen.“
Gründe für die Insolvenzen
Große Unternehmen wagen laut Müller nur selten den Schritt in die Insolvenz, da sie sich normalerweise ohne das Verfahren sanieren können. „Immerhin arbeiten sie mit Dutzenden Insolvenz- und Restrukturierungsexperten zusammen“, so Müller. „Doch in Krisen gehen solche Sanierungskonzepte oftmals nicht auf. Daher ballen sich derzeit die Insolvenzen großer Namen.“
Prognose für die kommenden Monate
Für die kommenden Monate erwarten die Experten eine uneinheitliche Entwicklung der Insolvenzzahlen. „Wir rechnen damit, dass die Insolvenzzahlen im August leicht sinken und dann im September wieder ansteigen“, erklärte Müller. Die Zahl der Insolvenzen dürfte damit weiterhin durchgehend über dem Niveau vor der Corona-Pandemie liegen.
Wirtschaftliche Dauerflaute
Die deutsche Wirtschaft steckt derzeit in einer Dauerflaute. Im ersten Quartal 2023 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwar um 0,2 Prozent, jedoch folgte im Frühjahr ein Rückgang von 0,1 Prozent. Dieser Rückgang ist hauptsächlich auf geringere Investitionen in Anlagen wie Maschinen sowie in Gebäude zurückzuführen. Für die zweite Jahreshälfte prognostizieren viele Experten einen schwachen Aufschwung, da weite Teile der Wirtschaft über einen Auftragsmangel klagen.
Die aktuelle Situation zeigt, dass die deutsche Wirtschaft mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist. Die Zahl der Insolvenzen hat ein alarmierendes Niveau erreicht, und zahlreiche Arbeitsplätze sind gefährdet. Während große Unternehmen in der Regel über Sanierungsmöglichkeiten verfügen, sind viele derzeit nicht in der Lage, diese erfolgreich umzusetzen. Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt, und es bedarf umfassender Maßnahmen, um die Situation zu stabilisieren und das Vertrauen der Unternehmen und Investoren zurückzugewinnen.